Rheinische Mentalität
Vürdraag för Lück vum Rhing, ävver och för Frembche
Dem Rheinländer werden – je nach Anlass – Mutterwitz oder Rührseligkeit, Derbheit oder Sentimentalität, Phlegma oder „heißes Blut“ nachgesagt. In diesem Vortrag wird versucht, auf heitere Weise der inneren Verfassung der Rheinländer etwas näherzukommen. Dabei wird besonders ihre Sprache ins Visier genommen, ist doch der Dialekt – laut Goethe – „recht eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Athem schöpft“ .
Der Referent, Josef Muhr, ist in Köln aufgewachsen, und das folgende Zitat aus einem Brief Wilhelm Buschs dürfte auch auf ihn zutreffen: „Um eine Sprache von Herzen sein eigen zu nennen, muss man, glaub ich, etwas drin erlebt haben, etwas sehr Wichtiges – nämlich die Kindheit.“
Jetz weed opjerüümp
Das Nachkriegsköln und seine Lieder
Der etwas andere Geschichtsunterricht: Gute köl(ni)sche „Fastelovendsleeder“ sind mehr als nur „Karnevalslieder“: sie verselbständigen sich über Nacht zu Volksliedern, die genau das widerspiegeln, was das Volk bewegt. Und insofern bieten die köl(ni)schen Lieder aus der Zeit zwischen 1945 und 1955, richtig betrachtet, eine Art Kaleidoskop der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse, aber auch des „mentalen“ Zustandes der Bevölkerung. Von der totalen Zerstörung bis zum Wiederaufbau, von der Hamsterfahrt bis zum Wirtschaftswunder, von „Trizonesien“ bis zur Bundesrepublik rufen die köl(ni)schen Lieder aus jenen Tagen die Erinnerung an die Nachkriegsjahre wieder wach.
Die Auswahl der Lieder und die Ausführungen von Jupp Muhr richten sich – obwohl sie großenteils im Kölner Dialekt gehalten sind – nicht etwa nur an „Eingeborene“, sondern auch an „Imis“, die etwas darüber erfahren wollen, wie die Rheinländer die Nachkriegszeit bewältigt haben. Ausdrücklich sind die Teilnehmer zum Mitsingen bei schwungvoller Klavierbegleitung aufgefordert.
Wie kütt die Mösch
bei uns en de Köch ?
Vortrag mit Willi-Ostermann-Liedern aus dem Kölschen „Milljöh“
„…un dä Ostermanns Will, dä singk esu schön…“, sang seinerseits der Kölner Liedermacher Karl Berbuer in den frühen fünfziger Jahren. Damit wollte er dem „Barden der rheinischen Frohnatur“, Willi Ostermannn, auf seine Weise ein Denkmal setzen, so wie es die Stadt Köln mit der Errichtung des Ostermann-Brunnens getan hat. Viel stärker als die schwerelosen (und damit oft auch gewichtslosen) Rhein-, Wein- und Mägdelein-Lieder Ostermanns beanspruchen aber heutzutage seine kölschen „Milljöh“-Skizzen unsere Aufmerksamkeit, erfahren wir aus diesen doch auf amüsante Weise manches Wissenswerte über den Alltag der sogenannten kleinen Leute von der wilhelminischen bis in die Weimarer Zeit.
Dass Ostermanns Todestag sich 2016 zum achzigsten Male jährte, war in unserer jubiläumsfreudigen Zeit Anlass für zahlreiche -so offizielle wie bierernste- Feierlichkeiten. Josef Muhr versucht dem offiziösen Jubiläumsbazillus entgegenzuwirken, indem er auf gewohnt spritzige und zugleich nachdenkliche Art das kölsche Œuvre Willi Ostermanns inhaltlich und gesanglich wieder auferstehen lässt, natürlich mit gekonnter Klavierbegleitung.
Kölsche Knüller met Joethe un Schiller
Jupp Muhr liest aus eigenen Übertragungen und Parodien
„klassischer“ Autoren
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand.
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Dann stopft, wenn es Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll [….]
D’r Schmitz hatt nevven singem Lade
ne Birreboum em Schreberjaade,
un wenn em Hervs et Sönnche schung
un die Birre leuchteten jääl ov brung,
dann stoppt’ sich d’r Schmitz en d’r Meddagsstund
de Täsch voll Birre, suvill wie hä kunnt [….]
Fontane „op Kölsch“ – ist so etwas möglich, ohne ein Sakrileg zu begehen? Kann man Goethes >Zauberlehrling< „einkölschen“, ohne sich einer Blasphemie schuldig zu machen? Und wie steht es um die „Kölsch-Kompatibilität“ von Dichtern wie August Kopisch, Friedrich Rückert, Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Schiller, Hans Sachs, Wilhelm Busch, Mascha Kaléko, Riccarda Huch und anderen? Wenn Sie innerlich jung geblieben sind, wenn Sie sich die Freude an (scheinbar nur) kindgemäßen Gedichten bewahrt haben und wenn Sie -wichtig!!- wenigstens ein bisschen Rheinisch verstehen, dann werden Sie an dieser „literarischen Lesung“ Ihre Freude haben. Für die auflockernde und entspannende Klavierbegleitung sorgt Hans-Günther Adam.
Was können die Dialekte, was können die Mundarten leisten und was nicht? Wo liegen ihre Stärken, wie erhaltenswert sind sie? Wäre es nicht sinnvoller, eine weitere Vereinheitlichung unserer Sprachgewohnheiten und Sprechweisen anzustreben, statt die sogenannten „Regionalsprachen“ noch besonders zu pflegen?
Joods un Schlemms – Märche vun Grimms
„Doonrüsje“, „Römpelstiltzje“, „Schneiwießje“, „Froschkünning“, „D’r decke fette Pannekoche“ ….. ja, darf man denn die ehrwürdigen Märchen der Gebrüder Grimm so verhunzen und einfach ins Kölsche übertragen? Ja, man darf! Kommen Sie, hören Sie, staunen Sie und lernen Sie die im 19. Jahrhundert „für Kinder der bürgerlichen Stände“ gefilterte und aufbereitete Märchenwelt noch einmal ganz neu kennen. Und zwar nur „wäje dä jeänderte Sproch“:
En dä längs verjangene Zigge, wo dat Wünsche noch jeholfe hät, levvte ne Künning, dä hatt luter schöne Döchter, ävver die jüngste wor esu schön, dat selvs die Sonn, die doch suvill jesinn hät, sich jedesmol wundere dät, wenn se ihr en’t Jeseech schung. Noh bei dem Künning singem Schloss log ne jruße, dunkle Wald, un en dem Wald, unger nem Lindeboum, wor ne Pötz. Wenn jetz dä Dag ärg heiß wor, jingk dat Künningskind erus en d’r Wald un satz sich aan dä Rand vun däm köhle Pötz: Un wenn et imm langwielig wor, dann nohm et en jolde Kugel,
wurf se en de Hüh un fing se widder op; un die Kugel wor imm et leevste Spillzüch.
Eimol ävver es et passeet, dat die Künningsdoochter die jolde Kugel, wie se se widder opfange wullt, verpass hät, sudat se op de Ääd titschte un tireck en dä Pötz eren sprung. Die Künningsdoochter folgten ihr met de Ouge, ävver die Kugel versunk en dem Pötzewasser, un dat wor su deef, su deef, dat mer keine Jrund sinn kunnt. Do fing se aan ze kriesche, un kresch immer lauter un kunnt sich jaanit enkrijje….
Dr. Jupp Muhr, alias „Dr. Kölsch“, nimmt uns mit auf eine verfremdete und daher befremdliche Reise in die archaische Welt der Volksmärchen, die ursprünglich recht „handfest“ und derb daherkamen und keineswegs für ein kindliches Publikum gedacht waren. Für Auflockerung sorgt eine stimmungsvolle Klavierbegleitung.
Fastelovend zesamme
Metsing-Kunzäät för Lück vum Rhing, ävver och för Frembche
Köl(ni)sche Lieder aus den letzten hundert Jahren
Am Beispiel zahlreicher bekannter „Fastelovendleeder“ aus den letzten hundert Jahren plaudert Dr. Jupp Muhr in gewohnt charmanter Weise über Anlass, Entstehung, Mentalität sowie Sinn und Zweck dieser musikalisch-textlichen Schöpfungen, die in vielen Fällen ins kollektive Gedächtnis der Rheinländer Einlass gefunden und den Sprung vom Karnevals- zum Volks-lied geschafft haben. Zu Gehör kommen Lieder von Willi Ostermann, Karl Berbuer, Jupp Schlösser & Gerhard Jussenhoven, Jupp Schmitz, Bläck Fööss, Vier Botze, Fritz Hannemann, August Batzem u.a. – Eine wunder-bare Gelegenheit für den Absprung „us dä fünefte Johreszick“ hinein in „die drei tollen Tage“! Ausdrücklich sind die Teilnehmer/-innen aufge-fordert, die (an den Tischen ausliegenden) Kehrreime bzw. „Refrängs“ nach Kräften mitzusingen.
Wat ahl Kamelle vun Kölle verzälle
Lieder aus zwei Jahrhunderten
„Dr. Kölsch“ alias Dr. Jupp Muhr kommentiert, erläutert und intoniert eine Reihe historischer, aber auch zeitgenössischer Lieder aus dem rheinisch-köl(ni)schen „Milljöh“. Unter den kleinen mundartlichen Schöpfungen aus der Zeit von vor 1800 bis heute finden sich sowohl „immerjröne“ als auch weniger bekannte Kostbarkeiten, die alle auf ihre Weise einen Einblick auf die stadtgeschichtliche Situation ihrer jeweiligen Entstehungszeit geben.
Zu Gehör kommen z.B.
- Uns‘re Nobersch Pitter (vor 1800)
- Et Schnüsse-Tring (1859)
- Der Karussellchesmann (1868)
- Cölner Schuster-Jungen-Polka (1884)
- Kölsch Fiakerleed (1892)
- De Jeiß wollt ne lange Stätz han (1894)
- Et kölsche Nibelunge-Leed (1902)
- Will mer laache, sich vermaache (1907)
- Kölsche Mädcher, kölsche Junge (1927)
- Die hinger de Jadinge stonn un spinxe (1939)
- Et Camping-Leed (1953)
- En uns’rem Veedel (1973)
- Famillijedaag (1979)
Kölsche Verzällcher uss’em Niehkörvje
Für Fründe vun d’r kölsche Sproch
„Jede Provinz liebt ihren Dialekt, denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Atem schöpft…“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe in „Dichtung und Wahrheit“. Heute hat sich freilich für unser am Hochdeutschen und am Fernseh-Deutschen geschultes Ohr vielfach der Eindruck festgesetzt, als habe der Dialekt unserer Region in der letzten Generation eine Art Rückzug in die Idylle der Jahrhundertwende angetreten und beschränke sich nur noch auf Bereiche wie Brauchtum oder Karneval. Ein anderes Vorurteil sieht im Gebrauch des Dialekts nur noch so etwas wie das Stigma des sozialen Abstiegs. Beiden Eindrücken will der Referent engegentreten, indem er anhand selbstverfasster Erzählungen und Parodien in modernem Straßenkölsch die Vitalität unserer angestammten Sprache unter Beweis stellt.
„En komische Beerdijung“, „Verzällcher vum Onkel Fränz“, „Ein Kinderland“, „Wein, Weib, Jesang“
u.a. kommen zum Vortrag.
Hellije Naach – Ne Weihnachtsverzäll
Frei nach Ludwig Thoma
Knapp 100 Jahre sind vergangen, seit der Dichter Ludwig Thoma die Weihnachtsgeschichte in seiner oberbayrischen Mundart nach- und umerzählt hat. Der bayerische „Klassiker“ ist längst in unzähligen Buchausgaben sowie in etlichen Rundfunk- und CD-Aufnahmen erhältlich und wurde auch in unserer Region in den letzten Jahren immer wieder „live“ aufgeführt. Dieser Umstand schrie förmlich nach einer Übertragung der Weihnachtslegende in unser rheinisches Idiom – so fand jedenfalls Mundart-Autor Jupp Muhr.
Und so wie Thoma das biblische Geschehen in ein Dorf der tiefver-schneiten oberbayrischen Landschaft verpflanzt hat, so verlegt er die vertraute weihnachtliche Geschichte von Nazareth und Bethlehem in die verschneite Hocheifel nach „Natteroth“ und „Beddelhem“. Und natürlich trägt Muhr seine Verserzählung wie gewohnt in lupenreinem und wunderbar authentischem Kölsch vor. – Auch die von Ludwig Thoma eingestreuten, im bayrischen Volkston gehaltenen Liedeinlagen hat Muhr augenzwinkernd, aber konsequent mit einfühlsamer Klavierbegleitung ins rheinisch-kölsche „Milljöh“ übertragen.
Wie im biblischen und im bayrischen Text (nach Lucas und Thoma) die Herzen der Reichen verstockt sind, so begreifen auch in Muhrs rheinischer Übertragung in erster Linie die einfachen und armen Leute das eigentliche Wunder der Heiligen Nacht. Mit einem Wort: Weihnachten mal anders …